war ein begnadeter Konstrukteur mit internationalem Ansehen, sein Schaffen war eng mit den Tatra-Werken verbunden. Mit seinen richtungweisenden Ideen beeinflusste er die Fahrzeugindustrie, und schon zu Lebzeiten empfing er als Automobilpionier hohe Ehren.
Er wurde am 14. Februar 1878 im österreichischen Klosterneuburg in geboren, studierte an der Technischen Fachschule für Maschinenbau Wien und begann seine Laufbahn am 1. September 1897 in der Konstruktionsabteilung der Nesselsdorfer Waggonbau-Fabriks-Gesellschaft, später in Tatra-Werke umbenannt Dort arbeitete er am ersten Fahrzeug „Präsident“, das 1898 fertig gestellt wurde.
Nach einem Intermezzo in einer Maschinenfabrik von 1902 bis 1905 kehrte er als Leiter der Automobilabteilung nach Nesselsdorf zurück. In den Jahren 1905 und 1945 war er technischer Direktor bei Tatra und war hauptverantwortlich für die Entwicklung. Nach langjähriger Kriegsgefangenschaft übersiedelte er im Jahr 1954 nach München, wo er am 2. März 1967 starb.
Unter der Leitung von Hans Ledwinka ging im Jahr 1923 ein revolutionärer „Volks-Kleinwagen”, der Typ 11, in die Serienproduktion. Das Konzept, das Tatra jahrzehntelang beibehalten sollte, war geboren: Als Basis des kleinen Tatra Typ 11 diente ein verwindungsfreier Zentralrohrträger, die Räder waren, vorn an einem Querfederpaket geführt, unabhängig voneinander aufgehängt, die angetriebenen Hinterräder saßen an gelenklosen Hinterachsen. Als Antrieb diente ein neu konstruierter luftgekühlter zweizylindriger Boxermotor mit 12 PS.
Die Entwicklung des Tatra 11 war eine Reaktion auf die Forderungen der damaligen Kunden nach einem Fahrzeug mit gutem Fahrkomfort auch auf schlechten Straßen sowie niedrigen Betriebskosten und brachte bald Erfolg und Exporte in die ganze Welt. Diese Konzeption wurde bei den PKW´s in Form des Tatra 57b bis zum Jahr 1948 beibehalten, bei den LKW´s wird sie bei ständiger Modernisierung bis heute angewendet.
Hans Ledwinka entwickelte die Konzeption weiter, durch die Anordnung des Motors hinten wurde die Antriebswelle eliminiert und damit die Geräuschentwicklung und der Motorgestank reduziert, gleichzeitig auch mehr nutzbarer Platz zwischen den Achsen für die Passagiere entstanden.
Die Ideen über die Verwendung von Heckmotoren, Luftkühlung, verwindungssteifen Rahmen, Passagierzellen zwischen den Achsen und besonders die Stromlinie waren zu dieser Zeit keine wirklich neuen und beschäftigten die Konstrukteure weltweit. Bezüglich der Stromlinie sind hier besonders die Arbeiten und Patente von Paul Jaray oder Reinhard von Koenig-Fachsenfeld zu erwähnen. Doch Ledwinka war der erste, der alle diese Attribute gemeinsam in einem Serienwagen verwirklichte. Nach konkreten Versuchen ab 1931 und dem Prototyp V570 im Jahre 1933 konnte er schließlich 1934 den T77 der Öffentlichkeit vorstellen.
Mit einem Radstand von 3700 mm und einer Gesamtlänge von 5,2 m zeigte der sowohl auffallend wie aerodynamisch geformte T77 in Verbindung mit den 44,1 KW/60 PS des luftgekühlten V8-Motors (Hubrum 2973 cm3) ganz erstaunliche Fahrleistungen, die Höchstgeschwindigkeit betrug unglaubliche 150 km/h. Dem T77 folgte der motorisch weiterentwickelte T77A, insgesamt wurden etwa 255 Stück dieses weltweit ersten Serien-Stromlinienwagens gebaut.
Die Bauweise der Karosserie, ein 5m langer Holzgitterrahmen mit darüber genagelten Stahl-, bzw. Aluminiumblechen war aufwendig und machte den Tatra 77 in der Herstellung teuer und 1800 kg schwer.
Die Lösung fand Hans Ledwinka mit dem ab 1936 gebauten Tatra 87. Die bereits in einem Windkanal entwickelte, nun selbsttragende Stahlkarosserie war im Produktionsaufwand weitaus günstiger. Der neukonstruierte V8 Motor wies nun eine 5fach gelagerte Kurbelwelle auf, der Hubraum wurde auf 2968 cm3 verkleinert und besaß im Gegensatz zu seinem Vorgänger bereits zwei obenliegende Nockenwellen. Der Motor war rund 100 kg leichter als der des Vorgängers und der Tatra 87 wog nur mehr 1390 kg, erreichte mit seinen 55KW/75 PS eine Höchstgeschwindigkeit von 160 km/h bei einem Durchschnittsverbrauch von 12 l Kraftstoff und 0,25l Öl auf 100 km. Die Kühlung erfolgte durch zwei über Keilriemen angetriebene seitliche Ventilatoren und mit der Verlegung der Kühllufteinlässe an die Seite wurden auch die thermischen Probleme des Vorgängers gelöst. Bis 1950 wurden 3023 Tatra 87 gebaut.
Mit der konsequent aerodynamisch gestalteten Karosserie, deren Luftwiderstandswert selbst von vielen heutigen Fahrzeugen nicht ansatzweise erreicht wird, ist der Tatra 87 in der an ungewöhnlichen Formen gewiss nicht armen Geschichte des Automobildesign eine nahezu singuläre Erscheinung. Die avantgardistische Silhouette als „Stromlinienform“ prägte entscheidend die Geschichte des modernen Automobildesign.
Die im Münchner Abkommen festgehaltene Abtretung der Sudetengebiete von der Tschechoslowakei und deren Angliederung an Deutschland brachte für das Tatra- Werk eine eigenartige Situation. Die Trennlinie der als deutsch deklarierten Landstriche zur restlichen Tschechoslowakei verlief genau durch das Werksgelände. Solcherart teilbesetzt kam die Produktion zum Erliegen. Ledwinka eilte ins Werk zurück und übernahm sofort die Führung. Es galt zu retten, was zu retten war und die Produktion wieder aufzunehmen. Ungezählte Fäden wurden gesponnen und Verhandlungen geführt. Schließlich gelang es, die Grenze im Sinne von Tatra zu verschieben. Der Betrieb musste sich allerdings verpflichten, im Gegenzug die gegen VW beim Haager Schiedsgericht eingebrachte Klage wegen Patentrechtsverletzungen bei der Konstruktion von Porsches Volkswagen zurückzunehmen.
Ende November 1938 kam diese Grenzberichtigung zustande und die Ortsschilder trugen erneut den Namen Nesselsdorf. „Die Tatra-Werke wurden Deutsch” schrieb die Propaganda, obwohl die tschechoslowakische Ringhoffer-Tatra AG in Prag nach wie vor Eigentümer war.
Im März 1939 liquidierte Hitler die Souveränität der Tschechoslowakei. Der von Hermann Göring unterzeichnete „Schell- Plan” beinhaltete zur Produktionssteigerung und Typenbeschränkung der deutschen Automobilindustrie auch für Tatra einschneidende Richtlinien. Tatra hatte sich auf Fahrzeuge der Hubräume zwischen 2 und 3 Liter zu beschränken. Somit war das Urteil über die kleinen Tatra-Typen gesprochen, die Produktion der erst im Vorjahr vom erfolgreichen T57 a zum Typ 57b verbesserten Wagen musste beendet werden.
Auch die Produktion der kleinen Stromlinie T97, die komfort- und leistungsmäßig und eine überlegene Alternative zum Volkswagen dargestellt hätte, war nach nur 510 hergestellten Fahrzeugen somit eingestellt. Es verblieb nur noch der T87 in Personenwagenproduktion. Eine ähnliche Verordnung hingegen sicherte Tatra die Produktion schwerer Lastkraftwagen, die auch schon vor 1938 den Schwerpunkt im Kraftwagenbau gebildet haben. Aber da auch Bedarf an leichten Kübelwagen gegeben war, gelang es Ledwinka die stillgelegten Fertigungsanlagen des T57 b wieder zur Produktion des 1940 entwickelten T57 K in Betrieb zu setzen. Während sich Erich Ledwinka, der seit Kriegsausbruch die Konstruktions- und Entwicklungsabteilung geleitet hatte, in den letzten Kriegsmonaten noch zu seiner schon früher evakuierten Familie nach Bayern absetzen konnte (und der dann bei Steyr viel später für die Entwicklung des Puchautos, des Haflinger und des Pinzgauer verantwortlich war; aber das ist eine ganz andere Geschichte), blieb Hans Ledwinka gesundheitlich angeschlagen zurück und wurde prompt von den tschechischen Revolutionsgarden verhaftet. Der Mithilfe zur Stärkung der Deutschen Wehrmacht angeklagt wurde er erst 1951 schwer gezeichnet aus der Haft entlassen.
Tatra 87 war das beliebteste Auto von Hans Ledwinka. Er besaß seinen „Siebenachtziger“ bis zum Jahr 1965, wann er ihn dem Deutschen Museum in München übergab, wo er in einer ständigen Ausstellung nach wie vor zu besichtigen ist.
Diese Aufstellung beschreibt nur kurz Hans Ledwinka´s Potential, als einen genialen Konstrukteur, der einen festen Ehrenplatz zwischen solchen Persönlichkeiten einnimmt, wie Benz, Daimler, Porsche, Ford, Diesel, Peugeot oder Bugatti.
Kurzbiografie
1878 | Am 14. Februar 1878 im österreichischen Klosterneuburg geboren |
1897 | Als 19-jähriger Geselle Arbeit am „Präsident“, dem ersten Automobil aus Nesselsdorf/ Kopřivnice |
1899 | Beteiligung an der Konstruktion eines 4-Gang-Zahnradgetriebes |
1900 | Beteiligung an Bau des ersten Rennwagens aus Nesselsdorf/Kopřivnice für Baron Liebig, Anwendung der Konstruktionsentwürfe bei den Fahrzeugen Nesselsdorf Typ B. |
1902 | Bei der Wiener Firma Max Friedmann Arbeit am Fahrzeug mit Bremse auf alle 4 Räder |
1905 | Rückkehr nach Nesselsdorf |
1910 | Mitentwicklung und Einführung in die Serienproduktion des Fahrzeugs Nesselsdorf Typ S, des ersten Automobils mit OHC-Motor, bildet eine Einheit mit dem Planetengetriebe |
1914 | Projektiert das Fahrzeug Nesselsdorf Typ U – das erste Fahrzeug aus Nesselsdorf/ Kopřivnice mit Bremsen auf alle 4 Räder |
1916 | Unstimmigkeiten in Nesselsdorf/Kopřivnice, Ledwinka verlässt erneut das Werk, diesmal als Hauptkonstrukteur bei der Fa. Steyr in Österreich |
1921 | Triumphale Rückkehr nach Kopřivnice, Ledwinka wird Werksleiter |
1923 | Aufnahme der Serienproduktion des Typs Tatra 11, eines revolutionären „Volks-Kleinwagens, Geburtsjahr der „Tatra-Konzeption“ |
1924 | Beginn der Unifizierung in der Fahrzeugproduktion durch die Anwendung der Tatra-Konzeption, Aufnahme der Serienproduktion einer neuen Baureihe der Nutzfahrzeuge Tatra 13 |
1926 | Nutzung des Tatra-Konzeptes für die Serienproduktion des ersten Dreiachsfahrzeuges Tatra 26 mit dem Antrieb auf beide Hinterachsen |
1927 | Anwendung des Tatra-Konzeptes auch für Nutzfahrzeuge mit größerer Last – Tatra 23 |
1931 | Beteiligung an der Entwicklung des Tatra 57, eines populären PKW´s. In Zusammenarbeit mit dem Sohn Erich an der Entwicklung des Prototyps eines Volks-Wagens mit Luftgekühltem Motor hinten beteiligt |
1934 | Wird Werksdirektor, gemeinsam mit Übelacker und Sohn Erich schockieren sie mit dem Tatra 77 die Welt |
1936 | Beteiligung an der Entwicklung des aerodynamischen Eisenbahnschnellwagens „Slovenská Strela“ (Slowakischer Pfeil) mit maximaler Geschwindigkeit von 150 km/Std., zugelassener Geschwindigkeit von 130 km/Std. |
1941 | Übernimmt die Funktion des Stellvertretenden Direktors der Ringhoffer-Tatra-Werke AG |
1942 | Führt in die Serienproduktion den legendären LKW Tatra 111 ein, der ersten Typ mit luftgekühltem Dieselmotor V12. |
1944 | Erhält das Ehrendoktorat der Technischen Fachschule für Maschinenbau Wien |
1945 | Als Kolaborant mit Nazis beschuldigt und für sieben Jahre ins Gefängnis geschickt. Während der Internierung aktive Unterstützung bei der Entwicklung des Tatra 600 Tatraplan |
1951 | Aus der Haft entlassen, verlässt die Tschechoslowakei, zuerst nach Wien, Ablehnung des Stellenangebotes bei Tatra |
1952 | Erteilung der Ehrenauszeichnung durch den VDI-Verband |
1954 | Nach langjähriger Kriegsgefangenschaft Übersiedelung nach München |
ab 1955 | Mit 77 Jahren Arbeit für den Maschinenbauer Harald Friedrich in dessen Firma Alzmetall am Spatz (BAG) |
1961 | Vom österreichischen Präsidenten das Ehrenkreuz der 1. Klasse erhalten |
1967 | Am 2. März 1967 in München gestorben |
1992 —————— |
Vollständige Rehabilitierung durch das Oberste Gericht der ČSFR . |